Himmelstochter und ihre Gestirne

Sonntag, 6. Juli 2014

Unsere nächste Kleinstadt Crest beheimatet einen begnadeten Maître Pâtissier, Denise Cochet. Seine Ausbildung machte er unter anderem im renommierten Haus *Dalloyau* in Pais. Die meisten meiner hochkarätigen Geburtstagskuchen erstand mein Habib daher in der Pâtisserie du Donjon. Aber nicht nur wegen des Maîtres Könnerschaft, auch weil der Habib (verständlicherweise) die Mme Clocher so gerne mag, die einem hinter der Verkaufstheke erwartet. Diese steht in Zierlichkeit und Feinheit den Gebäcken ihres Mannes in nichts nach. Ja, sie scheint in ihrer selten lieblichen und anmutigen Art fast dem Film *Die zauberhafte Welt der Amélie* entsprungen zu sein. Tatsächlich könnte man meinen, sie wäre eine Schwester der unvergessenen Audrey Hepburn. 

Bon, nun gibt es einen Kuchen des M. Cochet, der uns in unregelmäßigen Abständen außerhalb jeder Jahresfeierlichkeiten die Knie weich macht: kein geringerer als le President - en général in seiner Miniaturform.

Diesen nachzubasteln war mein Ansinnen und so begab ich mich auf die Suche im französischen Netz. Meine erste Recherche führte mich zu diesem: Gateau légèrement meringué aux fromboise. Von dort aus stellten sich leichtfüßig die Ähnlichkeiten her zu einem Kuchen, den ich noch aus Kindheitstagen kannte: der Himmelstocher. Voilà. Dieser sollte es also werden. 

Bald mußte ich irritiert feststellen, dass dieser Kuchen als Agent mit mehreren Ausweisen und SEHR vielen Namen in Deutschland unterwegs ist: Bayerwaldtorte und Kratertorte*, Hansen-Jensen-Torte, Gewittertorte, Ozeantorte, Mandel-Baiser-Sahnetorte oder auch Beeren-Baiser-Torte. Ist der Verdacht groß, ist der Schwindel schnell aufgeflogen. Läßt man Preiselbeeren, Stachelbeeren, Sauerkirschen, Himbeeren uswusf. außer Acht, erkennt man leicht das gleiche Gesicht unter all der Maskarade. Weil wir hier aber nicht von Fasching reden, sondern von einem Törtchen, ist nicht für seine Verkleidung, sondern für seine Füllung alle Freiheit dieser Welt erlaubt. Und ich wollte mein Törtchen mit einer fruchtigeren Variante von dieser Crème füllen

Mittlerweile ruhen sich unsere Erdbeeren nach einer Jahrhunderternte etwas aus. Stachelbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren und Blaubeeren bieten sich als Ersatz an. Sucht euch etwas aus.

Und nein, dieses *Törtchen der vielen Namen* hat leider keine Ähnlichkeit gehabt mit M.Cochets President. Die Suche geht also weiter. Damit mir das Zettelchen in dieser Schnitzeljagd nicht verloren geht, halte ich den Name meiner nächsten Fährte hier fest, der da lautet: le succès meringué (oder praliné) nach einem Rezept von Lenôtr - am Schluß doch eine Latte zu hoch für meine Pâtisserie-Ambitionen...
Zutaten - für eine kleine Form à 18cm Ø:

70g Butter
50g brauner Zucker
2 Eigelb
Tonkabohnen-Abrieb
45g Mehl
20g geschälte, gemahlene Mandeln
1/2 TL Back-Pulver (ca. 3g)
1-2 EL Milch

2 Eiweiß
70g Zucker
50g Mandelblättchen
Puderzucker

Füllung:
100g Erdbeeren, püriert
ca. 60g halbierte Erdbeeren
100ml Sahne
150g Quark
50g brauner Zucker
Abrieb einer 1/2 Limette
1/2 Vanillestange 
2 EL frischer Orangensaft
3 Blatt Gelatine

Zubereitung:

Die Böden zweier Springformen von 18cm mit Backpapier auslegen. Die Eier trennen. Die Butter mit Zucker, der Prise Salz und Tonkabohnenabrieb mittels einer Küchenmaschine cremig rühren. Die Eigelbe nach und nach dazugeben.

Das Mehl mit dem Backpulver und den Mandeln in einer Schüssel vermischen und langsam abwechselnd mit der Milch dem Teig untermengen. 

Nun den Teig auf die beiden vorbereiteten Backform verteilen und glatt streichen. Das Eiweiß steif schlagen, nach und nach den Zucker einrieseln lassen. Solange weiterschlagen, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat und die Masse anfängt zu glänzen. 

Jeweils eine Hälfte des Eischnees auf dem Rührteig verteilen und wellenförmig verstreichen. Mit Mandelblättchen bestreuen und bei 180°C (Ober- und Unterhitze) ca. 30 Minuten backen. 

Etwas in der Form abkühlen lassen, dann herausnehmen und auf einem Kuchenrost komplett auskühlen lassen. Wer keine zwei Springformen hat, bäckt nacheinander. Mit dem restlichen Teig und der Baisermasse ebenso verfahren. Allerdings einen von beiden Böden, jener der für oben gedacht ist, SOFORT nach dem Rausholen aus dem Ofen in die Größe der Kuchenstücke schneiden (muß man den Kuchen erst in Stücke schneiden, wenn er bereits gefüllt ist, wird das ein Massaker).

Für die Füllung die Erdbeeren putzen, vom Strunk befreien und pürieren. Die Zesten abreiben. Die Sahne steif schlafen. Die Gelatine in dem Orangensaft erwärmen, auflösen und glatt rühren. Nun alle Zutaten (außer den halbierten Erdbeeren) sorgsam miteinander vermengen. Die Crème für etwa eine halbe Stunde in den Kühlschrank stellen, bis sie anzieht.

Nun den Kuchen mit der Crème füllen. Dafür wieder in den Ring der Form setzen. Eine dünne Schicht auf dem Boden verteilen, dann die halbierten Erdbeeren drauf anrichten und mit der restlichen Crème bedecken und glatt streichen. Den in Stücke geschnittenen Deckel aufsetzen und die Torte für mindestens 2 Stunden im Kühlschrank fest werden lassen. Vor dem Servieren mit Puderzucker bestreuen.

*Anmerkung m: Dank Petras Kommentar noch ediert und ergänzt.

15 Kommentare

  1. Ich würde da ganz praktisch vorgehen und den Habib mal auf Mme Cochet "ansetzen" Vielleicht kann er ihr das Rezept für die Torte entlocken?

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  2. So ähnlich geht es mir mit einem wunderbaren Reiskuchen, den ich vor Jahren in einem Café in Gouda genossen habe. Ich schaffe es einfach nicht diesen "Rijsvlai" nach zu backen …..

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  3. Deine Schilderung macht mir Lust auf's Reisen. :-)
    Und vielen lieben Dank für die Links, sehr inspirierend!

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  4. himmelstochter ist wohl der gaumenfantasiebedienenste name;
    und scheiterte das vorhaben nicht bereits an der nichtexistenz zweier springformen in meinem haushalt, würde ich mich sofort ans backen machen. lässt sich allerdings leicht ändern – welch glück.

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  5. Deine Torte ist aber auch eine "Sonntagstorte"! So eine habe ich schon ewig nicht mehr gebacken, danke fürs Erinnern.
    Bei uns heißt sie übrigens "Baisertorte" und ich kenne sie vornehmlich mit Johannisbeer- oder Stachelbeerfüllung. Blaubeeren sind aber auch fein.

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  6. Als Gewittertorte kenne ich sie auch noch :)
    Die stand hier schon ewig nicht mehr auf dem Tisch. Danke fürs Erinnern!

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  7. Ob deine Torte nun der Präsidententorte aus Crest ähnelt oder nicht - ich finde, sie sieht umwerfend sexy aus. Nach lustvoller Völlerei und Finger ablecken. Da kann keine zierliche Mademoiselle Tautou mithalten, auch wenn ich deine Geschichten rund ums Rezept ebenso liebe wie den Film. :-)
    ... Und mich gerade etwas ärgere, dass ich alle Beeren heute schon aufgegessen habe.

    Herzlich, Katja

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  8. @Sabine: Realistisch betrachtet bin ich mit diesem Törtchen vermutlich bereits am Limit meiner Süßbasteleien...

    @Anaonym: Bei mir handelt es sich lediglich um einen ersten Versuch, diesen Kuchen nachzubasteln. Mal schauen, ob es zu einem zweiten überhaupt kommt...

    @Eva: Euch traue ich den Presidenten auf jeden Fall zu. Wem, wenn nicht euch?

    @Mme Ulma: Ich mag den Namen ja auch. Wenn ich dir verrate, dass du keine zweite Springform zum Nachbacken brauchst, sondern die Böden auch hinter einander backen kannst, dann bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich dir mit dieser Info überhaupt einen Gefallen tue ;)?!

    @Stefanie: Schon verwunderlich, dass dieser Kuchen derart bekannt und beliebt ist, aber aller ortens mit einem anderen Namen, oder?

    @Sandra: So wie die Steph also. Und wie gefüllt?

    @Katja: Hach, das hast du aber schön schmeichelnd geschrieben - ich bin wie üblich sofort bereit, mit dir zu teilen. Anscheinend funktioniert die Fuchs-Rabe-Fabel bei mir immer... Vorallem, wenn der Fuchs so charmant wie du ist :)

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  9. Meine Güte, was ein Kuchen! Da ist es doch egal, wie er heißt, ich nehm auf jeden Fall ein sehr großes Stückchen!

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  10. So ein hübscher Gürtel... und die kleine Torte würde ich natürlich auch nehmen, der Name ist mir ganz egal :-D

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  11. Ich liefere noch den Namen nach, unter dem sie bei meiner Mutter auf dem Tisch stand: Kratertorte. Mag ich ausgesprochen in allen möglichen Kombinationen :-) Mit Heidelbeeren heißt sie hier Bayerwaldtorte.
    http://peho.typepad.com/chili_und_ciabatta/2010/09/bayerwaldtorte.html

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  12. @Julia: Immer her mit den hübschen Mädels - für dich ist auch ein Stück da :)

    @Britta: Der Gürtel mußte unbedingt mit aus Guatemala. Ein hübsches Stückchen, hach, schön, dass du den auch gut findest!

    @Petra: Vielen Dank für deinen Hinweis! Ich habe natürlich ediert und ergänzt. Dabei hatte ich bei deiner Torte sogar kommentiert - aber sie ist mir in dem Zusammenhang nicht mehr eingefallen...

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  13. danke für das leckere rezept und die schönen bilder dazu!!! alles liebe von angie

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  14. Hallo Salzkorn !
    Vielleicht kann ich dir helfen. Ich habe mir die Webseite der Cochet konditorei.Dieser Kuchen, der "Président",sieht aus wie ein succès praliné. Der succès oder dacquoise enthält nur Eiweiß, Mandeln und Zucker. Die Creme besteht aus crème pâtissière und butter ( crème mousseline ),mit Nuss-Nougat gemischt.

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    1. Hast du den letzten Absatz gelesen, Rosine?
      *Damit mir das Zettelchen in dieser Schnitzeljagd nicht verloren geht, halte ich den Name meiner nächsten Fährte hier fest, der da lautet: le succès meringué (oder praliné) nach einem Rezept von Lenôtr - am Schluß doch eine Latte zu hoch für meine Pâtisserie-Ambitionen...*

      Ich vermutete ähnliches - bin aber alles andere als ein ehrgeiziger Zuckerbäcker und die Fränzi-Rezepte sind sehr oft unzuverlässig - mal schauen also, ob ich mich wieder dran mache - oder ob wir nicht doch lieber in der Pâtisserie zuschlagen ;-)

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